Lichtverschmutzung – Fragen zur Sicherheit

Rückkehr zu alten Leuchtzeiten aus Sicherheitsgründen?

Der Antrag der Uelzener Grünen zur Rückkehr zu durchgehender nächtlicher Beleuchtung wurde von der Fraktionsvorsitzenden, Judith Libuda so begründet: „Meine Fraktion besteht aus jungen Menschen. Die gehen raus, sind unterwegs, auch nachts und fühlen sich unwohl“ (AZ vom 29. April 2023). Auch bei den politischen Beratungen vor der Entscheidung zur Abschaltung der Beleuchtung zwischen 23:30 h und 5:00 h hat das Sicherheitsgefühl der Uelzenerinnen und Uelzener eine Rolle gespielt. Und das Sicherheitsgefühl ist heute der Grund, dass CDU, FDP und UWG sich voraussichtlich dem Antrag der Grünen anschließen, zum alten Status Quo zurückzukehren.

Lt. Vorlage der Hansestadt Uelzen gibt es keinerlei Hinweise auf eine Erhöhung der Gefährdung der Bevölkerung durch die Abschaltung der Beleuchtung im angegebenen Zeitraum.

Sicherheit – das Thema, welches im Zusammenhang mit Lichtverschmutzung immer auftaucht. Sicherheit im Dunkeln. Unsicherheit im Dunkeln – wirklich oder gefühlt. Ein sehr subjektives und persönliches Thema.

Sicherheit oder Unsicherheit im Dunkeln?

In den 80er Jahren haben wir uns für Frauenparkplätze, die Beleuchtung von dunklen Straßen und unübersichtlichen Plätzen eingesetzt. Ich und viele andere Frauen hatten immer eine Trillerpfeife dabei. Pfeifen, schreien, auf sich aufmerksam machen in gefährlichen Situationen auf der Straße. In der Hoffnung, dass es jemand hört und zur Unterstützung kommt und einschreitet.

Sicherheit im Dunkeln. Wann bin ich sicher? Wann kann ich mich sicher fühlen? Gefühlte Unsicherheit. Realistisch, oder ein Gefühl, welches einer realistischen Überprüfung nicht standhalten würde. Oder einfach eine Tatsache. Eine Bekannte von mir kann im Dunkeln nicht gut sehen. Ihr Gleichgewicht funktioniert im Dunkeln nicht richtig. Eine andere ist neulich über eine Kante auf dem Gehweg gestolpert und gestürzt. Wäre das mit Beleuchtung nicht passiert?

Überfälle, Bedrohung. Angst davor im Dunkeln, weil die Situation schwer einzuschätzen ist, oder der Gegner nicht rechtzeitig gesehen wird. Einbrüche, Diebstähle. Die Dunkelheit schützt die Täter.

Auf der anderen Seite – ich fühle mich heute im Dunkeln in einigen Situationen sicherer als bei Beleuchtung. Wenn ich z.B. nachts am Bahnübergang stehe. Für mich ist es sicherer im Dunkeln zu warten, weil ich nicht so leicht gesehen und erkannt werde.

Wenn ich aus dem Hellen ins Dunkle blicke, kann ich kaum etwas erkennen. Bin ich aber im Dunkeln, gewöhnen sich meine Augen und ich sehe mehr als gedacht.

Wovor haben wir Angst?

Wovor haben wir eigentlich Angst. Dunkelheit beflügelt unsere Fantasie. „Angst schützt uns erstmal davor, uns nicht unnötig in gefährliche Situationen zu begeben. Aber manchmal kann diese Angst auch irrational sein oder unangemessen hoch“ sagt die Psychologin Anna-Marie Raith. Sie erläutert weiter:  “Es besteht ein deutlicher Zusammenhang zwischen der Dunkelheit und der Dunkelheit unserer Gedanken. Wir tendieren also eher dazu uns bei Dunkelheit Sorgen zu machen oder zu grübeln.“

In diesem Zusammenhang passe ich persönlich auf, womit ich meinen Geist füttere. Manche Sendungen im Fernsehen gucke ich bewusst nicht (z.B. XY Ungelöst). Manche Filme oder Krimis sind nicht gut für mich, manche Bücher meide ich lieber. Einfach, weil ich meine Fantasie nicht in eine angstvolle Richtung lenken lassen will. Einmal passiert ist es schwer sich wieder zu lösen. Ich möchte mir nicht nehmen lassen auch im Dunkeln draußen zu sein.

 

Mehr Sicherheit durch Straßenbeleuchtung?

Zum Zusammenhang von Sicherheit, Straßenbeleuchtung und Straftaten gibt es unterschiedliche Statistiken. Umfangreiche Untersuchungen aus England und den USA zeigen, dass hell erleuchtete Straßen nicht unbedingt mehr Sicherheit bedeuten. Eine Auflistung findet sich auf der Website der Dark Sky.

Klar ist nur, das subjektive Sicherheitsempfinden ist bei guter Beleuchtung größer.

Weitere Informationen zum Thema Sicherheit, Kriminalität und Licht finden sich bei Dunja Storp. Sie ist Architektin, Kriminologin und Polizeiwissenschaftlerin und berät als Expertin rund um Sicherheit im öffentlichen Raum auch Kommunen und Gemeinden.

 

Am Montag, den 15. Mai 2023 wird im Rat der Hansestadt Uelzen über das weiter Ab- oder Anschalten der Beleuchtung abgestimmt.

Um den Klimawandel und das Artensterben aufzuhalten sollten wir uns alle fragen, was unser persönlicher Beitrag sein kann.

  • Welche Einschränkungen und unbequemen Situationen nehme ich in Kauf, um die Umwelt und das Klima zu schützen?
  • Wo bin ich bereit auf meinen eigenen Vorteil zu verzichten, um etwas gegen den Klimawandel und das Insektensterben zu unternehmen?
  • Welche Ideen habe ich, um kreativ mit neuen Situationen umzugehen?
  • Kann ich mir vorstellen, dass ich durch das Verlassen von gewohnten Wegen Dinge erleben kann, die ganz neue und gute Erfahrungen möglich machen?

 

Neun Vorschläge, was wir wirklich tun können, um für mehr Sicherheit zu sorgen

  • Bringt Euch gegenseitig nach Hause
  • Wartet im Auto vor der Tür, bis die andere Person ihren Hausflur betreten hat
  • Verabredet Euch, um abends gemeinsam loszugehen
  • Bildet Fahr- oder Spaziergemeinschaften
  • Besucht einen Selbstverteidigungskurs
  • Bewegt Euch selbstbewusst im öffentlichen Raum
  • Sagt einer Freundin ect. Bescheid „Ich gehe jetzt, melde mich, wenn ich wieder da bin“
  • Füttert euren Geist mit positiven Geschichten über die Dunkelheit
  • Nutze das Heimwegtelefon Heimwegtelefon e.V.
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